Holakratie: klare Strukturen für Innovationen

3. Oktober 2023 durch
Astrid

Wenn wir uns als holakratisches Unternehmen vorstellen, wissen potenzielle Kunden häufig wenig damit anzufangen oder wir ernten mitleidige Blicke: „Lange wird es euch dann nicht mehr geben, denn Holakratie ist nicht wirtschaftlich.“ Wäre dem so, hätten wir sie niemals eingeführt. Richtig implementiert, verbessert Holakratie die Zusammenarbeit immens und fördert Innovationen.

Agilität, Scrum und gar Holakratie gelten für viele als nicht praktikabel, weil sie losgelöst von der betriebswirtschaftlichen Sicht gedacht werden. Es bringt jedoch nichts, ja, es ist sogar gefährlich, die organisatorische und die Ertragssicht voneinander zu trennen. Denn ganz gleich, wie sie aufgestellt sind: Unternehmen müssen wirtschaftlich agieren und Gewinne erzielen, um ihre Existenz zu sichern. Holakratie dient dazu, das Arbeiten agiler und daher mit höherer Wertschöpfung zu gestalten. Häufig fälschlich als Holokratie bezeichnet, bezieht sich das Modell auf den vom Schriftsteller Arthur Koestler eingeführten Begriff „Holarchie“, der sich wiederum aus „Hierarchie“ und „Holon“ zusammensetzt. Ein Holon ist „ein Ganzes, das Teil eines anderen Ganzen ist“. Die Gesamtorganisation besteht also aus Einheiten, die sich selbst organisieren, allerdings auf gemeinsame Ziele orientiert sind: den Unternehmenserfolg und damit ein sicheres Einkommen für alle Mitarbeitende.

Denken in Rollen steigert Produktivität

Als holakratisches Unternehmen bieten wir unseren Mitarbeitenden ein breites Spektrum an Möglichkeiten, sich im Rahmen einer transparenten Struktur einzubringen und weiterzuentwickeln. Dazu übernehmen sie verschiedene Rollen, die klar definiert sind. Indem wir „role and soul“, die Rolle und die Mitarbeitenden als Persönlichkeiten, strikt trennen, gelingt es uns, uns sachlich auseinanderzusetzen. Jede Rolle bildet für sich ein Ganzes. Projekte werden in sogenannten Kreisen aus dafür benötigten Rollen bearbeitet. Wir haben uns im Februar 2017 nach mehr als zehn Jahren Scrum-Praxis entschieden, den Schritt Richtung Holakratie zu gehen, um als agiles Unternehmen besser zu werden. Anders als Scrum wird das Modell oft kritisch gesehen. Unserer Erfahrung nach liegt das vor allem daran, dass es viel schwerer umzusetzen und einzuüben ist.


Alle, die neu bei uns anfangen, sind erst einmal befremdet, wenn sie Dialoge hören wie: „In meiner Rolle ‚Marketing‘ brauche ich von dir in deiner Rolle ‚Circle Lead‘ 1.000 Euro für die neue Imagebroschüre.“ Letztlich schaffen wir so aber Transparenz und kommen im Endeffekt mit sehr wenigen Regeln aus. Diese setzen wir allerdings konsequent um. Eine Regel lautet beispielsweise: Mitarbeitende können Ausgaben bis zu einem definierten Betrag tätigen, müssen aber alle Beteiligten darüber informieren. Die Marketingkollegin kann also Visitenkarten bestellen, ohne jemanden zu fragen. Großen Wert legen wir darauf, dass die Inhaber konsequent in ihren Rollen bleiben. Die Rolle „Circle Lead“ könnte also antworten, das sei im Budget für dieses Jahr leider nicht drin, nicht aber, der konkrete Betrag seien zu teuer oder wir bräuchten keine Imagebroschüre. 

Agile Projekte müssen sich rechnen

Werden Projekte holakratisch aufgesetzt oder Strategien holakratisch entwickelt, ist das der beste Nährboden für Innovationen. Da die Rollen flexibel und temporär sind, kommt es kaum zu Überidentifikationen. Mitarbeitende neigen weniger dazu, aus sachfremden Gründen an ihren Ideen zu klammern, und sind offen für neue Aspekte.

Dabei geht es uns immer um die Gesamtorganisation. Selbstverständlich basiert das, was wir tun, auf einer Unternehmensstrategie. Diese passen wir zwar regelmäßig gemeinsam an unsere Bedürfnisse und die Anforderungen des Marktes an, aber wir verlieren sie nie aus dem Blick. Jedes agile Entwicklungsziel muss mit unseren Unternehmenszielen übereinstimmen. Wir nutzen das gute alte betriebswirtschaftliche Handwerkszeug wie die Gewinn-und-Verlustrechnung, um zu prüfen, ob Aufwendungen und Ertrag unserer agilen Projekte in einem guten Verhältnis stehen. 


Wir schauen auf die Profitabilität jedes Kreises. Da wir unsere Arbeit ständig reflektieren, stellen wir schnell fest, wenn etwas aus dem Ruder läuft und steuern gegen. Überzeugt das Ergebnis eines Kreises wirtschaftlich nicht, suchen wir gemeinsam nach den Gründen, um daraus für die nächste Iteration zu lernen: Waren die Rollen nicht ideal besetzt? Haben die Rollen das Ziel aus den Augen verloren oder mangelte es gar an klaren Zielvorgaben? Auf diese Weise hilft uns Holakratie, unsere Werte zu leben. Wir haben sie in dem Grundsatz zusammengefasst: „Lebe den Wandel und verbessere ständig.“